Wirtschaftsgeschichte
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Schwer auf Draht – Lerm & Ludewig

Anfang der 30er Jahre waren Carl Lerm & Gebrüder Ludewig ein „Spitzenbetrieb“ auf dem Gebiet der Drahtverarbeitung, der in der Tempelhofer Ringbahnstraße 16/18/20 in einem beispielhaften Gewerbehof residierte. Von der Stadtautobahn, Höhe Flughafen Tempelhof, sieht man noch heute die Fassadenwerbung an dem rot geklinkerten Gebäude.

Anzeige von Lerm & Ludewig (Reklamesammlung des BBWA)

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Es wurde 1899 durch die Union Baugesellschaft AG errichtet. 1904/5 erwarben es die Drahtspezialisten und nutzen es für das Produktionsprogramm: Drahtgeflechte, Nadlerwaren, Eisen- und Metallgewebe, patentierte Malzdarren, Gitter aus Schmiedeeisen, Torwege, Pavillons, Volieren und Siebe. Bis in die Nachkriegszeit war Lerm & Ludewig das führende Unternehmen im Draht- und Gitterbau in Berlin, ab 1932 kamen noch Stahlmöbel hinzu.

Das Unternehmen begann – wie viele Berliner Firmen – als Handwerksbetrieb: 1846 eröffnete Carl Lerm seine Drahtweberwerkstatt im Nordosten Berlins. Bald zog er in die Köpenicker Straße in Kreuzberg und nannte seine Produktionsstätte „Drahtfabrik“, sein damaliger Compagnon war R. Polscher. Die Fabrik ging 1880 auf die „Fabrik für Drahtverarbeitung“ über, die Hugo und Max Ludewig 1879 gegründet hatten. Als der Erfolg sich einstellte, bürgerte sich der Spitzname der Drahthersteller ein: Die „Zaunkönige“ von Berlin wurden sie genannt, und drei Vögel dieser Gattung zieren auch das Tempelhofer Fabrikgebäude. Hier ging es nach dem Zweiten Weltkrieg weiter mit der Drahtherstellung, doch auch ERP-Kredite halfen schließlich nicht: Am Ende war „guter Draht teuer“, das Unternehmen konnte unter den schweren Zulieferbedingungen in der isolierten Stadt West-Berlin nicht konkurrenzfähig produzieren und schloss in den 80er Jahren seine Tore. Doch die Zäune mit den kleinen Herstellerschildern „Lerm & Ludewig“ schützen noch heute manches Blumenbeet in Berliner Kleingärten!

 

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  1. Netter Artikel, nur leider leicht fehlerhaft. Mein Schwiegervater war dort bis zum Schluss im Jahre 1996 Prokurist und wickelte das Konkursverfahren ab. Grund für den Konkurs waren nicht die Materialkosten, sondern die plötzlichen Konkurrenzfirmen aus Ost-Berlin und Umland nach der Wende. Um ihre Existenz waren zu können, wurde von diesen bei Ausschreibungen Dumpingangebote eingereicht, die die „Zaunkönige“ nicht unterbieten konnten. Das war der Grund der Pleite. „Überlebt“ nach der Wende hat in West-Berlin in der Branche nur die Firma Karl Menz & Söhne.

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