Wirtschaftsgeschichte
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Heckert & Co. (1845 bis 1977) – Vom Kronleuchter zur Neon-Lichtreklame

Eine Rechnung der Firma Heckert & Co. „für Neonbuchstaben, bestehend aus kantigen Reliefkörpern und seitlichen Blenden aus verbleitem Stahlblech (…) außen blau gestrichen, lackiert und mit blauem Leuchtstoffrohr belegt“ an die Firma Hans-Henning Endres KG von 1964 machte mich neugierig. Was war das für ein Unternehmen, das 1963 sein 118-jähriges Jubiläum feierte und das mit einer blau-goldenen Jubiläumsmarke kundtat.

„Ich, Carl Ferdinand Heckert, geboren am 10ten August 1820 zu Halle a. d. S., wo mein Vater Johann Andreas Heckert Glasermeister, Glashändler und Stadtverordneter war, seit 1839 hier in Berlin und seit dem Jahre 1844 etabliert und verheiratet mit Marie Theres geborene Eiselt aus Ullrichsthal in Böhmen, aus welcher Ehe drei Kinder, Marie Therese, Auguste Wilhelmine und Ludwig Robert Max am heutigen Tage noch am Leben sind, habe am 22ten Juni 1858 den Grundstein zu diesem Gebäude gelegt, welches mit Gottes Hilfe mir und unseren Nachkommen zum Segen erbaut werden möge, um darin ein gut und glücklich angefangen Geschäft weiter fort zu führen.“ [1]

Heckert stammt aus einer Hallenser Glaserfamilie. Wie er selbst berichtet, war sein Vater Glasermeister und Glashändler in Halle. Er hatte acht Geschwister. Sein Bruder Eduard Julius führte den väterlichen Betrieb weiter, während Carl Ferdinand nach Berlin ging.

Ausschnitt Briefbogen der Firma Heckert & Co. (BBWA U6/11/475)

1845 gründete er in der Mohrenstr. 35 im heutigen Berlin-Mitte eine Glaserei, in der er mit dem Biegen von Glasblumen begann. Später stellte er aus ihnen in Verbindung mit Glasblättern Kronleuchter her. Seit Mitte der 1850er Jahre nahm er an verschiedenen Gewerbe- und Weltausstellungen teil, auf denen er u.a. für seine Kronleuchter prämiert wurde.

„Im Jahre 1850, nach Veranlassung einer damaligen städtischen Industrie-Ausstellung in Berlin, kamen der Hoftapezierer Hiltl und der Metallwaren-Fabrikant Heckert auf den Gedanken, das farbige Glas in einer neuen Weise, als Blätter, Blumenverzierungen und Girlanden bei Kron- und Wandleuchtern anzubringen.“[2]

1858 ließ er in der Berliner Kronenstraße 33 eine neue Glasmanufaktur erbauen. Im gleichen Jahr wurde er von der Akademie der Künste und Wissenschaften in Berlin zum akademischen Künstler ernannt. 1865 kaufte Carl Heckert in Petersdorf im Riesengebirge eine Schleifmühle, die sogenannte „Felsenmühle“, die ein Jahr später an seinen Bruder Fritz überging. In den 1870er Jahren zog die Firma in die Kreuzberger Prinzenstraße 26, einige Jahre später in die Nr. 32. Im gleichen Jahrzehnt wurde er mit seinen Kronleuchtern und anderen Glaswaren zum Königlichen Hoflieferanten.

Die vielfältigen Erzeugnisse des Unternehmens und eine höhere Produktion, erforderten immer mehr Mitarbeiter. Sogar im „Bote aus dem Riesengebirge“ fanden sich 1871, 1873, 1874 Anzeigen des Berliner Unternehmens, in denen Glasschleifer gesucht wurden.[3]

Carl Heckert starb 1879 in Berlin, sein Sohn Max übernahm die Geschäfte. Als Glasmanufaktur begonnen, wurde ab etwa 1890 die Schilderherstellung in das Fertigungsprogramm mit aufgenommen. Ab 1931 übernahmen Alfred Frick und Fritz Semder, die seit 1911 bzw. 1920 als leitende Angestellte tätig waren, das Unternehmen. Das Hauptgewicht der Firma wurde, dem Zuge der Zeit folgend, auf die Herstellung von Lichtreklamen usw. verlegt.

Der Luftangriff im Februar 1945 zerstörte alles um den Moritzplatz, und damit auch die meisten Gebäude in der Prinzenstraße. Der Betrieb konnte aber in Schöneberg in der Blumenthalstr. 13 wiederaufgebaut werden. Hier wurden Erzeugnisse für Außenwerbung aller Art hergestellt:  Schilder-, Giebel- und Transparent-Werbung, Neon-Licht-Reklame in jeder Größe, Auto-Beschriftung und Ladenfrontgestaltung. Die Entwürfe wurden in den eigenen Büros selbst gefertigt.

Foto der Hans-Henning Endres KG von 1964 mit Leuchtreklame der Firma Heckert & Co. (BBWA U6/11)

In einem Zeitungsartikel in der Berliner Morgenpost vom 25. März 1970 ist zu lesen­: „Am 1. April 1970 nun werden seit den Tagen, als ein Carl Heckert von Glasschleifern, Glasbiegern, Glasätzern und Spiegelbelegern gediegene und komplizierte Arbeit leisten ließ, 125 Jahre vergangen sein. Die gebogenen Gläser für Equipage-Laternen waren erste Spezialitäten – später Dinge wie die Kristallkronen in den vielen Aschinger-Bierquellen, der Sternenhimmel im Wintergarten Varieté.“

Im Juni 1969 wurde Alfred Frick nach dem Tode von Fritz Semder zum Alleininhaber. Ihm folgte wenige Wochen später Leopold Erbe als Nachfolger. 1971 übergab er die Firma an seinen Sohn Claus-Dieter Erbe, der den Firmensitz 1972 in die Lübbener Str. 23 in Kreuzberg verlegt. 1977 wurde die Aufgabe der Firma bekannt gegeben.

Text: Beate Bohm

 

[1], [2], [3]  Quelle: Zelasko, Stefania: Fritz Heckert. Kunstglas Industrie 1866-1923. Passau: Glasmuseum, 2012.

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