Die Mitglieder des Berlin-Brandenburgischen Wirtschaftsarchivs e.V. kamen am 10. September 2021 im Saal der Bezirksverordnetenversammlung im Rathaus Reinickendorf zur jährlichen Mitgliederversammlung zusammen. Der schöne, repräsentative Charakter des alten Saals gab der Versammlung nicht nur einen eindrucksvollen Rahmen, sondern gewährleistete durch seine Größe auch die Einhaltung der notwendigen Abstandsregelungen. Informiert wurde über die Tätigkeiten und Aktivitäten des Vereins im Jahr 2020, die auf der Grundlage des schon im Frühjahr vorgelegten Jahresberichts zusammengestellt worden sind.
Die erste stellvertretende Vorsitzende, Frau Dr. Kristiane Klemm, dankte den Mitgliedern, die sich ehrenamtlich für das Wirtschaftsarchiv engagiert haben, hier insbesondere dem Team, das die BBWA-Mitteilungen zusammenstellt haben, den beiden Projektmitarbeiterinnen für die Vorbereitungen einer Foto-Ausstellung mit begleitendem Buch über Zeugnisse einstiger Industrieentwicklung im Berliner Stadtbezirk Reinickendorf sowie ihren Vorstandskollegen und den Mitarbeitern und Auszubildenden der Geschäftsstelle. Nicht zuletzt möchte ging der Dank an die Mitglieder, die durch ihr Erscheinen ihr Interesse an unserem Verein und unserer Arbeit bekunden haben. Im Folgenden nannte die erste stellvertretende Vorsitzende einige Höhepunkte aus der Arbeit des Wirtschaftsarchivs im Jahr 2020:
Projektförderungen des Landes Berlin und Verstetigung der Arbeit durch Kooperationen
Klemm teilte zu Beginn ihrer Rede mit, dass das BBWA im Berichtsjahr 2020 einerseits das erste große, aus dem Haushalt des Landes Berlin geförderte Projekt abgeschlossen hat, nämlich das Bildarchiv der Philipp Holzmann AG zu sichern und zu digitalisieren. Andererseits wurde mit dem zweiten großen Projekt begonnen, nämlich der Ordnung, Verzeichnung und teilweisen Digitalisierung des Circus-Busch-Archivs. Hierfür gab es weiterhin eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der gemeinnützigen Werkstatt Faktura. Die Ergebnisse beider Großprojekte sind nach dem Upload auf die Seiten der Deutschen Digitalen Bibliothek bereits jetzt sichtbar.
Diese Sichtbarkeit führt dazu, dass sich das BBWA als Langzeitgedächtnis der Wirtschaftsregion Berlin-Brandenburg etabliert hat. Es hat sich als Partner bei der Pflege, Wahrung und Verbreitung der Kultur- und Industriegeschichte der beiden Bundesländer hervorgetan. Belege dafür sind sowohl beachtliche finanzielle Projektförderungen des Landes Berlin, als auch verstetigte Kooperationen mit Partnereinrichtungen, Förderern und Unterstützern. Zu nennen ist hier die besonders intensive und fruchtbringende Kooperation mit dem Bezirksamt Reinickendorf, das dem BBWA auch dieses Jahr wieder diesen schönen Raum zur Verfügung gestellt hat. In diesen Rahmen gehören auch die Industriespaziergänge in Kooperation mit dem Museum Reinickendorf, die große Aufmerksamkeit über den Bezirk hinaus generiert hat.
Hierzu zählt auch der umfangreiche Auftrag des Museums Zeigeleipark Mildenberg zum Archivaufbau, den das BBWA mit einem Projektmitarbeiter in Vollzeit innerhalb von sieben Monaten abschließen konnte. Das Archiv des Ziegeleiparks dient nun als Leuchtturms der brandenburgischen Industriekultur der neuen Kuratorin als Grundlage für die Um- und Neugestaltung der Dauer- und für Wechselausstellungen.
In ähnlicher Weise, nur in deutlich geringerem Umfang hat eine Beratung des Industriemuseums Region Teltow für den Archivaufbau stattgefunden.
Ein Blick in die Archivarbeit
Bei den Bestandszugängen stechen die vollständige Überlieferung der Börse Berlin von 1952-2009 sowie die Handwerksrolle der Handwerkskammer Berlin hervor. Hinzu treten Bestandsübergaben zur Auergesellschaft vornehmlich aus der Nachkriegszeit sowie zur Alfred Schrobsdorff KG, einem Architektenbüro, das Stadtentwicklung betrieben hat.
Für die Archivnutzung war das Berichtsjahr schwer, weil wegen der Pandemieauflagen ein persönlicher Zugang für Monate nicht möglich gewesen ist. Umso mehr lohnte sich die Onlinestellung der Digitalisate bei der Deutschen Digitalen Bibliothek.
Die Zahl der Archivnutzer stieg um fast 50 auf knapp 400 schriftliche Anfragen bei deutlich weniger Recherchebesuchen. Hinzu kommen mehr als 200 telefonische Auskünfte. Die Gesamtzahl der Bestände, Sammlungen und Nachlässe ist auf 166 angewachsen, das ist ein Zuwachs von fast 30 Sammlungen und Beständen. Die Zahl der Kleinstbestände beläuft sich auf 439 (plus 60). Sie sind in der Sammlung S 13 subsummiert.
2020 war vor allem durch die Bearbeitung der Sammlungen geprägt, die auch im Homeoffice ermöglicht werden konnte. Vollständig erschlossen wurden U 5/6 Alfred Schrobsdorff KG sowie kleinere Bestände. Die Erschließung folgender Bestände begann 2020: U 6/13 Berliner Eisen und Stahl, N17 Nachlass Justizrat Georg Baumert, N22 Nachlass Familie Theodor Hildebrand und selbstverständlich das Circus-Busch-A5rchiv als N7 Nachlass Martin Schaaff.
Neben den Erschließungsarbeiten erfolgte der Abschluss des Projektes „Umbettung der IHK-Akten“, das schon 2018 begonnen hatte und insgesamt von fünf Beschäftigten durchgeführt wurde. Seite August 2020 sind die 900 Laufmeter IHK-Mitgliederakten umgebettet in archivgerechte Mappen und Schachteln und von Eisen und anderen Fremdstoffen befreit.
Nur drei Praktikanten konnten in der Pandemiezeit ihr Praktikum im BBWA absolvieren, dafür hat in dieser außergewöhnlichen Zeit unsere Auszubildende Beate Bohm Ihre Ausbildung zur FAMI bei uns aufgenommen.
Die Gremien 2020 im Überblick: Mitglieder, Vorstand und Geschäftsführung und Beirat
Im Berichtsjahr ist die Mitgliederzahl des Vereins leicht gesunken, zu Beginn des Jahres 2021 hatte der Verein 84 Mitglieder, davon 55 persönliche, 30 juristische Mitglieder, darin zehn Austauschmitglieder und neun Fördermitglieder.
Vorstand und Geschäftsführung haben sich vier Mal zu gemeinsamen Sitzungen zusammengefunden, davon dreimal online. In unseren Beirat wurden vom Vorstand fünf neue Mitglieder Berufen (Prof. Dr. Mario Glauert, Direktor des Brandenburgischen Landeshauptarchivs (BLHA), Claudia Große-Leege, alleinige Geschäftsführung des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI), Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg e.V, Prof. Heike Weber, Professorin für Technikgeschichte, Dr. Florian Kiuntke, jetziger Leiter des Siemens Historical Archive.). Damit ist unser Beirat mit 16 Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Bildung besetzt. Er hat 2020 einmal online getagt und zum vierten Mal den Preis für Berlin-Brandenburgische Wirtschaftsgeschichte ausgeschrieben.
Öffentlichkeitsarbeit 2020 ohne Industriekulturabende
Der einzige bis fast zur Durchführung gereifte Industriekulturabend sollte sich mit der Bundesdruckerei befassen und stand unter dem Titel „Drucken für den Staat“, musste aber wegen des Lockdowns kurzfristig abgesagt werden.
Unser Weblog Archivspiegel veröffentlichte 2020 42 Beiträge. Hinzu kommen Beiträge auf Facebook. In 10 eigenen Publikationen vor allem in der IHK-Zeitung „Berliner Wirtschaft“ sowie sieben Zeitungsartikeln stand das Wirtschaftsarchiv in der öffentlichen Berichterstattung – vor allem zu den Industriespaziergängen.
Neuwahlen: Platztausch und ein neues Vorstandsmitglied
Nach der Entlastung des Vorstandes wurden die turnusmäßigen Neuwahlen durchgeführt. Prof. Dr. Klaus Dettmer übergab die Leitung des Vereins an Susanne Witschaß-Beyer, bisher zweite stellvertretende Vorsitzende, und tauschte den Platz mit Susanne Witschaß-Beyer. Bestätigt wurden Dr. Kristiane Klemm und Schriftführerin Waltraut Künstler. Schatzmeister Werner Moser schied nach einer Amtsperiode absprachegemäß aus dem Vorstand aus. Neuer Schatzmeister ist Dr. Uwe de la Motte. Neue Kassenprüfer sind Dr. Keith Allen und Jörg Schmalfuß
Haushalt 2020
Zum Haushalt 2020 äußerte Klemm, dass dieser maßgeblich geprägt ist durch den Zufluss der Fördermittel für das Holzmannarchiv sowie für weitere kleine Projekte – darüber hinaus auch durch Archivberatungen sowie die Beteiligung der IHK an Ausgaben für ihren Mitgliederbestand. Alle Vorgaben ließen sich erfüllen.
Einen ausführlichen Einblick in einzelne Projekte und Aktivitäten des Jahres 2020 gab Geschäftsführer Björn Berghausen in einem sich anschließenden Vortrag. Abschließend gab er die Agenda für 2021 bekannt.