Schon im November feierte das Bezirkliches Bündnis für Wirtschaft und Arbeit seinen 20. Geburtstag. Das „BBWA“ – Verwechslungen mit uns sind vollkommen zufällig – ist der Dachbegriff für die drei Förderprogramme „Lokales Soziales Kapital“ (LSK), „Partnerschaft – Entwicklung – Beschäftigung“ (PEB) und „Wirtschaftsdienliche Maßnahmen“ (WDM), die zu 50 % aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) und dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) bestückt werden.
Zur Festveranstaltung waren mehr als hundert 100 Gäste aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft sowie Vertreter von Sozialpartnern und freien Trägern eingeladen. Im Auditorium Maximum des ehemaligen Staatsratsgebäudes der DDR gab es instruktive Vorträge über Vergangenes und zukünftige Planungen sowie konkrete Beispiele aus der Praxis. Im Foyer präsentierten die Bezirksbündnisse ausgewählte Projekte und Träger aus den letzten zwanzig Jahren.
Für Reinickendorf waren das Elisabethstift mit seinen Projekten und das Wirtschaftsarchiv eingeladen. Dass wir mit unseren Projekten ausgewählt wurden, 20 Jahre Förderung in Reinickendorf mitzurepräsentieren, haben wir als ehrenvolle Auszeichnung verstanden, die und sehr gefreut hat. Sicherlich hätten auch zahlreiche andere Träger aus dem Norden diese Auszeichnung verdient gehabt.
Hier nutzen wir die Gelegenheit, über unsere Projekte noch einmal zu informieren.
2009-2017 BBWA im BBWA
2009: Aufbau des Wirtschaftsarchivs und Einbindung bürgerschaftlichen Engagements
Bereits fünf Mal war das Wirtschaftsarchiv Teil dieses Förderprogramms. Der Startschuss für das erste LSK-Projekt fiel zusammen mit dem Beginn des Auf- und Ausbaus des BBWA als Regionales Wirtschaftsarchiv am Standort Berlin-Reinickendorf. Eine Gruppe Berliner Bürgerinnen und Bürger, darunter auch engagierte Historiker, Germanisten, Pädagogen, Archivare und diplomierte Wirtschaftskaufleute gaben mit fachlichem Engagement und persönlichem Einsatz alles, um das Wirtschaftsarchiv auf sichere Beine zu stellen. Flankierend und finanziell fördernd wirkten auch bereits Vertreter von sieben Berliner und Brandenburger Unternehmen bzw. wirtschaftsnahen Institutionen mit. Dieser erste Schritt bekam dann auch den Namen „Aufbau des Wirtschaftsarchivs und Einbindung bürgerschaftlichen Engagements „ und verbindet das BBWA mit einer Reihe weiterer LSK Projekte.
2010: Kooperationen mit Unternehmen initiieren und Netzwerke stärken.
Gleich im nächsten Jahr folgte die zweite LSK-Förderung. Das BBWA sollte sichtbar werden und von außen wahrgenommen werden. Also wurden Wege erarbeitet, die die Vernetzung des Wirtschaftsarchivs mit Kooperationspartnern aus Wirtschaft und Wissenschaft zum Ziel hatten. Mithilfe von Präsentationen, Internetauftritt, Veranstaltungen und Vorträgen wurden Unternehmen, wirtschaftsnahe und wissenschaftliche Institutionen und Einrichtungen kontaktiert und der Bekanntheitsgrad des BBWA erhöht. Das LSK-Projekt bekam den Namen“ Kooperationen mit Unternehmen initiieren und Netzwerke stärken“.
2012: Lernen für die Zukunft aus der Wirtschaftsgeschichte
In den folgenden zwei Jahren begann die historische Bildungsarbeit als fester Bestandteil der archivischen Aufgaben des Wirtschaftsarchivs, das damit seinem Bildungsauftrag folgte. Aus dieser Arbeit entstand eine Kooperation mit dem Oberstufenzentrum für Banken und Versicherungen, die bis heute anhält. Das erste Projekt zur außerschulischen Bildung mit dem Titel „ Lernen aus der Wirtschaftsgeschichte „ wurde mit LSK-Mitteln durchgeführt. Seit sieben Jahren ist der Archivbesuch der Schülerinnen und Schüler nun fester Bestandteil der Wahlpflichtkurse Firmenkundengeschäft und Rechnungswesen des OSZ Banken und Versicherungen. Themen wie Recherche und Archivarbeit oder Realitätsnahe Simulation von Geschäftsabläufen stehen im Mittelpunkt der Arbeit am Lernort Archiv. Die angehenden Bankkaufleute erhalten hierfür reale Dokumente und authentische Quellen aus den Beständen des BBWA und damit einen direkten Einblick in die Geschäftsabläufe von Berliner und Brandenburger Traditionsunternehmen.
2013 Corporate Design – vom Gestern zum Morgen
Für das Bildungsprojekt mit dem Oberstufenzentrum Druck und Medientechnik (Ernst-Litfaß-Schule) stellte das BBWA Anfang 2013 seine Briefkopfsammlung mit 2.000 Briefköpfen aus 150 Jahren Berliner und brandenburgischer Unternehmensgeschichte zur Verfügung. Die Sichtung der Sammlung brachte für viele angehende Mediengestalter die überraschende Erkenntnis, dass „Corporate Design”, grafisch professionell gefertigte Werbung und Logos keine Erscheinung der Jetztzeit sind, sondern eine über hundertjährige Tradition haben. Die Schüler konnten erkennen, dass die Selbstdarstellung der Unternehmen dabei auch an künstlerische Strömungen der Zeit anknüpft – etwa den Jugendstil. Anhand ausgewählter Briefkopfbeispiele konnten sie nachvollziehen, dass das „Redesign” des Firmenschriftzuges oder der Geschäftsausstattung meist großen Linien folgt und Vorgänger zitiert. Diese Linien weiterzuentwickeln und dabei die historischen Briefköpfe in ein zeitgemäßes Design, das zudem noch fax- und webtauglich sein sollte, zu überführen, war Ziel und Inhalt des vierten LSK-Projektes mit dem Titel „Corporate Design – vom Gestern zum Morgen“.
2014 und 2015 eingereicht aber abgelehnt
2014 wurde das vom BBWA eingereichte LSK-Projekt abgelehnt. Es war wieder ein Projekt aus der Bildungsarbeit des Wirtschaftsarchivs, galt zwar als Fortführung lokaler Initiativen mit sozialer Verantwortung und Gemeinwohlorientierung – ähnelte jedoch den anderen beiden zu sehr. Auch 2015 traf das eingereichte Projekt auf Ablehnung. Es handelte sich um ein Kooperationsprojekt zwischen einer Berufsschule (OSZ LOTIS Logistik, Touristik, Immobilien, Steuern) und dem Historischen Archiv zum Tourismus unter dem federführenden Dach des Wirtschaftsarchivs. Unter dem Titel „Netzwerkarbeit zur Erweiterung von Bildungsoptionen – Kooperation zum Thema Zukunftsbrache Tourismus“ sollten das archiveigenen Netzwerkes eingebracht werden, die Tourismusbranche historisch beleuchtet und damit die Berufsorientierung und Berufsfindung der Schüler und Schülerinnen erleichtert werden.
2017: Spaziergänge zur industriellen Entwicklung Reinickendorfs – „Hinter der Fassade“
Mit dem nächsten LSK-Projekt „Spaziergänge zur industriellen Entwicklung Reinickendorfs“, das 2017 eingereicht wurde, hatte das BBWA nicht nur mehr Erfolg, sondern auch den Nerv der Zeit getroffen. Der Antrag hatte keine Bildungsarbeit mehr zum Inhalt – die Anlehnung an die Tourismusbranche hingegen war immer noch gegeben und er war geeignet, lokale Initiativen zu Initiieren. Mit den Industrie- und Gewerbebauten der Vergangenheit in ganz Berlin befassten sich 2017 unter anderem das Berliner Zentrum Industriekultur (BZI) von der Hochschule für Technik und Wirtschaft sowie die Stiftung Deutsches Technikmuseum. Der Berliner Senat half mit Förderungen, das Interesse an diesen historischen Industrieorten ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Die Idee des BBWA, an seinem Standort Berlin Reinickendorf zu recherchieren, welche baulichen Zeugnisse an die Pioniere von Industrie und Gewerbe im Bezirk erinnern und daraus Spaziergänge zu entwickeln, kam dann mit Hilfe von LSK-Mitteln zur Umsetzung. Durchgeführt wurde es dann mit älteren Arbeitslosen und nichterwerbstätigen Personen ab 54 Jahren, die durch die soziale Teilhabe an den Spaziergängen eine Erhöhung ihrer Beschäftigungsfähigkeit erwarten konnten. Die gesammelten Erkenntnisse zur Wirtschaftsgeschichte Reinickendorfs mündeten 2018 in ein Anschlussprojekt, das mit dem Titel“ Hinter der Fassade – Industriekultur am Stadtrand entdecken“ und mehreren ausgearbeiteten Spaziergängen an den Start ging.
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